Iran:
Frau Soghra Najafpour, 31 Jahre alt
Soghra Najafpour ist zum zweiten Mal für einen Mord zum Tode verurteilt worden, der geschah, als sie 13 Jahre alt war. Sie befindet sich zurzeit im Gefängnis in Rasht, einer Stadt im Norden des Landes. Die vergangenen 19 Jahre hat sie überwiegend dort verbracht.
Soghra Najafpour war am 1. Oktober 2007 gegen eine Kaution in Höhe von umgerechnet etwa 66.000 US-Dollar aus der Haft entlassen worden. Als die Familie des Mordopfers von ihrer Freilassung erfuhr, verlangte sie, Soghra Najafpour solle hingerichtet werden. Daraufhin wurde angeordnet, sie wieder in Haft zu nehmen. Sie kehrte noch im selben Monat ins Gefängnis zurück.
Am 23. Oktober 2007 legte die Rechtsanwältin von Soghra Najafpour bei der Obersten Justizbehörde aufgrund der eklatanten Verfahrensmängel Rechtsmittel ein und beantragte die Überprüfung des Falls. Daraufhin hob der Oberste Gerichtshof ihre Verurteilung auf. Der Fall wurde einer anderen Abteilung des Gerichts in Rasht übergeben, um dort neu verhandelt zu werden. Im zweiten Verfahren wurde Soghra Najafpour erneut schuldig gesprochen und wieder gemäß „qesas“ (Vergeltung) verurteilt, ihr droht daher nach wie vor die Hinrichtung.
Im Alter von neun Jahren war Soghra Najafpour von ihrer Familie in der Stadt Rasht als Hausmädchen im Haushalt eines Arztes untergebracht worden. Vier Jahre später verschwand der achtjährige Sohn der Arztfamilie. Als man ihn einige Tage später tot in einem Brunnen fand, wurde sie beschuldigt, ihn ermordet zu haben. Soghra Najafpour sagte anfangs aus, sie habe den Mord nicht begangen, doch nach wiederholten Verhören, gestand sie, ihn verübt zu haben. Man nahm ihr Geständnis als Schuldbeweis und verurteilte sie gemäß „qesas“.
Soghra Najafpour gibt in der Begründung des von ihr eingelegten Rechtsmittels an: „Ich habe den achtjährigen Jungen nicht umgebracht, aber ich weiß, wer ihn umgebracht hat, und dieser Mann sagte mir, ich müsse darüber schweigen. Er hatte versprochen, die Mutter des Opfers dazu zu bewegen, mir zu vergeben, und mich zu retten.“ Sie schrieb weiter: „Ich wurde mit neun Jahren vergewaltigt und man drohte mir, damit ich schweige. Am Tag des Unfalls musste ich eine Abstellkammer säubern und derselbe Mann, der mich sonst missbrauchte, kam hinter mir her. Plötzlich stand der spielende Junge in der Abstellkammer und sah, dass ich missbraucht wurde. Der Mann schlug den Jungen gegen die Wand, dabei prallte sein Kopf gegen die Wand und der Junge verlor das Bewusstsein. Ich konnte den toten Jungen nicht bewegen, aber der Mann wollte, dass ich den Körper in den Brunnen werfe.“
Ihr Rechtsmittel wurde zurückgewiesen und nach einer medizinischen Untersuchung verurteilte man Soghra Najafpour darüber hinaus zu einer Prügelstrafe wegen unerlaubten Geschlechtsverkehrs, obwohl sie ausgesagt hatte, dass sie vergewaltigt wurde. Der Mann, dem sie die Vergewaltigungen zur Last legt, wurde freigesprochen, da er nicht zugegeben hat, sie vergewaltigt zu haben, und keine weiteren Beweise gegen ihn vorlagen.
Schon zweimal sollte Soghra Najafpour hingerichtet werden, mit 17 und mit 21 Jahren, doch die Familie des Opfers änderte in letzter Minute ihre Meinung. Soghra Najafpour wird weiter versuchen, ihre Unschuld zu beweisen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Das Völkerrecht verbietet die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Tat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes hat sich der Iran dazu verpflichtet, keine minderjährigen StraftäterInnen hinzurichten. Trotzdem sind seit 1990 im Iran mindestens 33 Personen wegen Straftaten exekutiert worden, die sie im Alter von unter 18 Jahren begangen hatten, davon mindestens zwei im Jahr 2008. Derzeit sollen sich fast 140 minderjährige StraftäterInnen im Iran im Todestrakt befinden, siehe auch Amnesty-Bericht „Iran: The last executioner of children“ (MDE 13/059/2007, Juni 2007) und „Iran: Spare four youths from execution, immediately enforce international prohibition on death penalty for juvenile offenders” (http://www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/iran-spare-four-youths-execution-immediately-enforce-international-prohi).
EMPFOHLENE AKTIONEN
Schreiben Sie bitte weitere E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie
- die Behörden auffordern, das Todesurteil gegen Soghra Najafpour aufzuheben, wenn es trotz der eingelegten Rechtsmittel aufrecht erhalten werden sollte;
- die Behörden an ihre Verpflichtung als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes erinnern, welche die Anwendung der Todesstrafe bei minderjährigen StraftäterInnen verbieten und darauf hinweisen, dass die Hinrichtung von Soghra Najafpour somit eine Verletzung des Völkerrechts darstellen würde;
- die iranischen Behörden auffordern, die Todesstrafe für Personen abzuschaffen, die Straftaten vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen haben, um so die Rechtsprechung des Landes mit dessen völkerrechtlichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen;
- darlegen, dass Amnesty International das Recht und die Verantwortung von Regierungen anerkennt, mutmaßliche StraftäterInnen vor Gericht zu stellen, aber gleichzeitig die Todesstrafe vorbehaltlos ablehnt;
- Ihre Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Soghra Najafpour unter dem Vorwurf eine unrechtmäßige Beziehung unterhalten zu haben, ausgepeitscht wurde, obwohl sie angegeben hat, dass sie beginnend mit neun Jahren wiederholt vergewaltigt wurde, und bei den Behörden darauf dringen, dass die Prügelstrafe abgeschafft wird, da sie eine grausame Art der Strafe darstellt, die der Folter gleichkommt. Amnesty International findet es besonders besorgniserregend, dass eine Frau, die aussagt, als Kind vergewaltigt worden zu sein, für diese Vergewaltigung strafverfolgt und gemäß „zina“ (unerlaubter Geschlechtsverkehr) verurteilt wird.
APPELLE AN
Oberste Justizautorität
His Excellency
Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi, Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh/ Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave., south of Serah-e Jomhouri, Tehran 1316814737, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@dadgostary-tehran.ir
(Betreff: FAO Ayatollah Shahroudi)
KOPIEN AN
Religionsführer
His Excellency Ayatollah Sayed ‘Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader, Islamic Republic Street - Shahid Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@leader.ir
Leiter der iranischen Behörde für Menschenrechte
His Excellency Mohammad Javad Larijani
c/o Office of the Deputy for International Affairs, Ministry of Justice, Ministry of Justice Building, Panzdah-Khordad (Ark) Square, Tehran, IRAN
Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herrn Mohammad Mehdi Akhondzadeh Basti
Podbielskiallee 65-67, 14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. September 2008 keine Appelle mehr zu verschicken.
RECOMMENDED ACTION: Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:
- urging the authorities to overturn the death sentence imposed on Soghra Najafpour, should it be upheld on appeal;
- reminding the authorities that Iran is a state party to the International Covenant on Civil and Political Rights and the Convention on the Rights of the Child, which prohibit the use of the death penalty against people convicted of crimes committed when they were under 18, and that the execution of Soghra Najafpour would therefore be a violation of international law;
- calling for the authorities to pass legislation to abolish the death penalty for offences committed by anyone under the age of 18, so as to bring Iran’s domestic law into line with its obligations under international law;
- stating that Amnesty International acknowledges the right and responsibility of governments to bring to justice those suspected of criminal offences, but unconditionally opposes the death penalty;
- expressing concern that Soghra Najafpour was flogged for having an illicit relationship after alleging that she was raped repeatedly from the age of nine and urging the authorities to end the practice of flogging, which is a cruel punishment which amounts to torture. Amnesty International is particularly concerned that a child who alleged she was raped was herself prosecuted and punished for committing zina (fornication).